In vielen Fällen, in denen wegen Urheberrechtsverletzungen (insbesondere über Peer-to-Peer-Netze) im Internet ermittelt wird, versuchen die Beschuldigten zu argumentieren, auf ihr Netzwerk hätten nicht nur sie, sondern auch andere Dritte zugreifen können. Dies können z.B. Familienangehörige, Freunde (insb. bei WG-Netzwerken) oder auch beliebige andere Personen sein. Letztere Konstellation kann entweder auf einen Trojaner hindeuten, der (angeblich) den eigenen PC befallen hat. Sofern sich dieser später forensisch nachweisen lässt, gibt es gute Chancen, einer Haftung zu entkommen.
Bereits seit längerer Zeit gibt es juristische Diskussionen über eine andere Möglichkeit, bei der Dritte mit der eigenen IP-Adresse im Internet auftreten können: Drahtlose Netzwerke (WLAN). Sind diese nicht ausreichend abgesichert (z.B. nur mit einer WEP-Verschlüsselung) oder sogar ganz offen, so können Dritte diesen Zugang ins Internet für ihre Handlungen nutzen. Nach außen erscheint in diesem Fall stets nur die IP-Adresse, die dem WLAN Zugangspunkt zugewiesen wurde. Juristisch war vor allem die Frage umstritten, ob ein WLAN grundsätzlich gesichert werden muss (so offenbar die Auffassung einiger Richter) bzw. welche Folgen ein nicht oder nicht ausreichend gesicherter Zugangspunkt für den Betreiber mit sich bringt. In einer viel beachteten Entscheidung hat sich nun der BGH mit der Thematik befasst (BGH Urt. v. 12.05.2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens; Presseerklärung).
Der Bundesgerichtshof ist zunächst zu dem beruhigendem Ergebnis gelangt, dass ein Anschlussinhaber, der seinen Accesspoint nicht oder nicht ausreichend sichert, weder Täter noch Teilnehmer der darüber begangenen Urheberrechtsverletzungen ist. Dies erscheint spontan nachvollziehbar, denn der Download wurde nicht vom Anbieter initiiert und er hatte auch keinen Willen, daran beteiligt zu sein. Allerdings kommt der BGH – wie vor ihm andere Gerichte auch – dennoch zu einer Haftung, nämlich über das Institut der sog. Störerhaftung. Danach kann (vereinfacht ausgedrückt) jeder, der einen Anteil an einer rechtswidrigen Handlung hat, dafür haftbar gemacht werden – unabhängig davon, ob er seinen Beitrag zu verschulden hat oder nicht. Sofern kein Verschulden erkennbar ist, soll aber zumindest eine Verletzung von zumutbaren Prüfungspflichten notwendig sein. Der BGH sieht hier für einen privaten Betreiber zumindest die Kontrollpflicht, ob das WLAN für Urheberrechtsverstöße missbraucht wird bzw. werden kann. Auch einem privaten Anbieter sei es zuzumuten, die Sicherheitseinstellungen seines Routers anzupassen und nicht in der Standardkonfiguration zu belassen, in der das Gerät ausgeliefert wurde. Ausdrücklich nicht notwendig soll es jedoch sein, das Netzwerk kontinuierlich an aktuelle Sicherheitserfordernisse anzupassen. Dies würde die Sorgfaltspflichten bei Privaten überspannen.
Anders als bei vielen anderen Fällen, in denen Gerichte eine Störerhaftung bejaht haben, kommt der BGH aber zu dem Ergebnis, dass die Folge für die Pflichtverletzung nicht in einer Schadensersatzpflicht zu sehen ist. Vielmehr ist die Haftung auf Utnerlassung und die Erstattung der angemessenen Abmahnkosten (die ggf. auf 100 EUR begrenzt werden können) beschränkt.